Vom 12. bis zum 23. Juni wird in Deutschland die umfangreichste Luftwaffenübung der Nato-Geschichte durchgeführt. Während dieser Zeit werden Militärflugzeuge aus verschiedenen Ländern den deutschen Luftraum nutzen. Dies führt zu einer Sperrung des Luftraums in bestimmten Gebieten für zivile Flüge und damit zu möglichen Beeinträchtigungen für Flugreisende. Im Folgenden erläutern wir die Rechte von betroffenen Passagier:innen.
Was ist die Nato-Übung „Air Defender 2023“?
„Air Defender 2023“ ist eine gemeinschaftliche Übung der Nato, an der Flugpersonal und Crews aus 18 verschiedenen Ländern teilnehmen. Über 220 Flugzeuge und bis zu 10.000 Soldat:innen sind an der Übung beteiligt. Die USA werden mehr als 100 Flugzeuge auf vier Standorten in Deutschland stationieren. Das Hauptziel der Übung besteht darin, auf potenzielle Krisenszenarien vorbereitet zu sein und angemessen reagieren zu können. Der zivile Flugverkehr wird während der Übung eingeschränkt sein. In den militärisch genutzten Luftübungsräumen Nord, Süd und Ost wird es täglich für etwa zwei Stunden keine zivilen Flugbewegungen geben. Diese Gebiete werden auch kurz vor und nach den zwei Stunden gesperrt, um die Sicherheit zu gewährleisten. Zivile Fluggesellschaften werden aufgefordert, diese Gebiete weiträumig zu umfliegen, um den Luftraum freizuhalten.
Welche Rechte haben Flugreisende bei Flugausfällen oder Verspätungen aufgrund der Nato-Übung?
Wenn Ihr Flug aufgrund der Nato-Übung gestrichen wird, haben Sie die Möglichkeit, entweder eine Ersatzbeförderung zu erhalten oder die Rückerstattung der Ticketkosten zu verlangen. Sollte die Fluggesellschaft keine alternative Verbindung anbieten, können Passagier:innen selbst eine geeignete Verbindung auswählen, auch per Zug, und die entstandenen Kosten bei der Airline geltend machen. Wenn ein Ersatzflug erst am folgenden Tag stattfindet, ist die Fluggesellschaft verpflichtet, eine Hotelunterkunft sowie den Transport dorthin bereitzustellen. Bei einer Flugverspätung von mehr als zwei Stunden haben die Reisenden Anspruch auf eine kostenlose Mahlzeit und ein Getränk.
Können Flugreisende im Rahmen der europäischen Fluggastrechteverordnung Entschädigungen beanspruchen?
Generell haben Passagier:innen laut der europäischen Fluggastrechteverordnung bei Flugverspätungen oder -annullierungen Anspruch auf Entschädigungen zwischen 250 und 600 Euro. Diese Regelung gilt, wenn Reisende mehr als drei Stunden später als geplant an ihrem Ziel eintreffen oder ihr Flug weniger als 14 Tage vor Abflug abgesagt wurde. Allerdings können Fluggesellschaften sich von dieser Verpflichtung befreien, wenn sie nachweisen, dass die Annullierung oder Verspätung von drei Stunden oder mehr auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich auch trotz aller angemessenen Maßnahmen nicht hätten verhindern lassen. Ein solcher außergewöhnlicher Umstand liegt vor, wenn er nicht Teil der regulären Tätigkeit der Fluggesellschaft ist und von dieser nicht kontrollierbar ist.
Die Nato-Übung “Air Defender 2023” stellt einen solchen außergewöhnlichen Umstand dar, da sie weder zu den normalen Aufgaben der Fluggesellschaften gehört noch von ihnen beeinflussbar ist. Dennoch müssen die Airlines nachweisen, dass sie alle angemessenen Maßnahmen ergriffen haben, um Verspätungen oder Stornierungen infolge der Nato-Übung zu vermeiden oder deren Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Bei Verspätungen im Zusammenhang mit der Übung kann man davon ausgehen, dass die Fluggesellschaften in den meisten Fällen den Anweisungen der Luftraumüberwachung Folge leisten müssen und keine weiteren Möglichkeiten zur Reduzierung von Verspätungen haben.
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Da die Nato-Übung „Air Defender 2023“ jedoch nur für kurze Zeitfenster von einigen Stunden den Luftraum blockiert, sollte es den Fluggesellschaften grundsätzlich möglich sein, Passagier:innen noch am selben Tag an ihr Endziel zu befördern. Wenn Passagier:innen jedoch nur Umbuchungen auf deutlich spätere Flüge oder sogar erst am nächsten Tag angeboten werden, könnte ein Entschädigungsanspruch durchsetzbar sein. Da die Fluggesellschaften Monate im Voraus über die Nato-Übung informiert waren und ihren Flugplan entsprechend hätten anpassen können, um Verzögerungen durch die Übung zu minimieren, erhöht dies die Chancen auf eine Entschädigung. Die Fluggesellschaften hätten es somit selbst in der Hand gehabt, betroffene Passagier:innen rechtzeitig, also mehr als 14 Tage im Voraus, über die Annullierung oder Umbuchung zu informieren. Wurden Reisende über die Flugstreichung mehr als 14 Tage vorher informiert, besteht keine Verpflichtung für die Airline, eine Entschädigung zu zahlen.
Wie kann Flugrecht bei zusätzlichen Flugproblemen während der Nato-Übung unterstützen?
Bei Flugkomplikationen, die im Zuge der bevorstehenden Nato-Übung auftreten, haben Passagier:innen die Option, entweder eine Ersatzbeförderung zu wählen oder eine Rückerstattung der Ticketkosten zu erhalten. Wenn Reisende sich für die Rückerstattung entscheiden, steht Flugrecht zur Seite, um die Forderungen gegenüber der Fluggesellschaft durchzusetzen. Sollte die Airline keine alternativen Verbindungen anbieten, können Passagier:innen selbstständig eine passende Verbindung suchen, auch per Zug, und die entstandenen Kosten bei der Fluggesellschaft einfordern.
Auch in diesem Fall unterstützt Flugrecht, damit Reisende nicht auf den erhöhten Kosten eines kurzfristig gebuchten Ersatzfluges sitzen bleiben. Da die Nato-Übung als außergewöhnlicher Umstand gilt, sind die Chancen auf eine pauschale Entschädigung von bis zu 600 Euro eher gering. Dennoch haben Passagier:innen laut EU-Recht bei vielen anderen Flugproblemen, die im Laufe des Sommers auftreten können, Anspruch auf Entschädigungen zwischen 250 und 600 Euro, sofern sie mehr als drei Stunden verspätet an ihrem Zielort eintreffen oder ihr Flug weniger als 14 Tage vor Abflug gestrichen wurde. Diese Ansprüche können innerhalb von drei Jahren rückwirkend und unabhängig vom Ticketpreis geltend gemacht werden – dies gilt auch für Flüge zum Preis von 1 Euro. Die Durchsetzung dieser Ansprüche bringt keinerlei Nachteile mit sich.